"Mein Doktortitel von der TU Dortmund ist bedeutsam"
Magda H. Barecka ist „Assistant Professor of Chemical Engineering“ an der Northeastern University in Boston (USA). Sie hat an der TU Dortmund in der Fakultät Bio- und Chemieingenieurwesen promoviert und anschließend ihre Karriere sowohl in der Industrie als auch im akademischen Bereich weiter vorangetrieben. In diesem Interview spricht sie über ihre aktuelle Forschung und wie der Aufenthalt an unserer Universität ihre Karriere beeinflusst hat.
Dieses Interview wurde auf Englisch durchgeführt und hier ins Deutsche übersetzt. Die Original-Version finden Sie auf unseren englischsprachigen Alumni-Seiten.
Können Sie uns einen Einblick in Ihren bisherigen beruflichen Werdegang geben?
Ich habe meinen Bachelor- und meinen Master-Abschluss an der Technischen Universität Łódź in Polen gemacht. Für meine Promotion habe ich an der Fakultät Bio- und Chemieingenieurwesen der TU Dortmund geforscht und im September 2017 einen Doppelabschluss von beiden Universitäten erhalten. Ich war begeistert, als ich feststellte, dass die Methodik, die ich während meiner Promotion entwickelt hatte, auf großes industrielles Interesse stieß, und ich hatte die Gelegenheit, die Methode bei dem französischen Unternehmen Processium anzuwenden. Anschließend wechselte ich zu dem großen Prozessdesign-Unternehmen Morgan Sindall Professional Services AG (Basel, Schweiz), das im Bereich des pharmazeutischen und feinchemischen Prozessdesigns tätig ist.
Sie haben die Industrie dann aber doch wieder verlassen. Warum?
Obwohl meine Erfahrungen in der Industrie sehr bereichernd waren, wollte ich etwas Bedeutsameres tun und einen Beitrag zur Entwicklung von Technologien leisten, die die Arbeitsweise der chemischen Industrie verändern werden. Ich war daran interessiert, an völlig neuartigen Technologien zu arbeiten, die sich von aktuellen Verfahren stark unterscheiden. Deshalb wechselte ich nach anderthalb Jahren in der Schweiz von der Industrie zurück in die akademische Welt und nahm eine Postdoc-Stelle an der University of Cambridge in deren Übersee-Forschungszentrum in Singapur (CARES) an. Dort arbeitete ich an der Umwandlung von CO2 in Kohlenwasserstoffe mittels Elektrolyse. Fasziniert von den vielen ungelösten Herausforderungen im Bereich der CO2-Elektrolyse, entwickelte ich mein eigenes Forschungsprogramm. Seit August letzten Jahres bin ich Assistant Professor an der Northeastern University in Boston und leite eine Gruppe, die sich mit der beschleunigten Entwicklung von CO2-Elektrolyse-Technologien beschäftigt.
Wie hat Ihre Zeit in Dortmund Ihren beruflichen Werdegang geprägt? Welchen Einfluss hatte sie?
Die Auswirkungen meiner drei Jahre in Dortmund waren erstaunlich, und wenn ich zurückblicke, hätte ich das nicht erwartet. Die Fähigkeiten, die ich entwickelt habe, haben sich als sehr wichtig erwiesen für meine Fähigkeit, Probleme anzugehen. Wenn ich meine Erfahrungen betrachte, hatte ich immer den Eindruck, dass mein Doktortitel von der TU Dortmund sowohl in der Industrie als auch im akademischen Kontext einen hohen Wert hat. Wann immer ich sagte, dass ich meinen Doktortitel an der TU Dortmund erworben habe, wurde dies anerkannt und war von Bedeutung.
Gibt es besondere Erinnerungen an Ihre Zeit an unserer Universität?
Ich erinnere mich besonders an das Gemeinschaftsgefühl, das wir als Team von Doktorand*innen hatten. Manchmal waren wir eine Gruppe von etwa 20 bis 30 Leuten, die in die Mensa gingen. Ich habe die alltäglichen Gewohnheiten, wie zum Beispiel das gemeinsame Kaffeetrinken oder Mittagessen, sehr genossen. Es war hilfreich und wichtig für internationale Promovierende, sich zu integrieren und ein Teil des Teams zu werden.
Wie würden Sie jetzt, mit Ihrem neuen Job in Boston, Ihren Arbeitsalltag beschreiben, wie sähe ein "typischer Dienstag" aus?
Das Beste daran, Professorin zu sein, ist, dass es so etwas wie einen "typischen Tag" nicht gibt! Meine Tage verteilen sich auf verschiedene Bereiche, wie Forschung, Lehre, Interaktion mit der nationalen und globalen Chemical Engineering Community und Zusammenarbeit mit Industriepartnern. Am meisten Spaß macht es mir, meine Student*innen zu betreuen, mich mit ihnen zu treffen und mit ihnen über Wissenschaft zu diskutieren. Es ist ein Privileg, mit so talentierten, neugierigen und motivierten Köpfen zusammen zu arbeiten! Neben der Leitung meines wunderbaren Teams verbringe ich viel Zeit damit, neue Forschungsanträge zu entwickeln, zu lehren, Konferenzen zu leiten und Kontakte zu knüpfen. Als Universitätsprofessorin habe ich die Möglichkeit, an so vielen verschiedenen Aktivitäten teilzunehmen, dass ich mir nicht vorstellen kann, mich in dieser Rolle jemals zu langweilen!
Wenn Sie jemandem, der keine Ahnung von Chemieingenieurwesen oder Verfahrenstechnik hat, beschreiben müssten, worum es in Ihrer Forschung geht, was würden Sie sagen?
Meine Forschung konzentriert sich darauf, neue Wege zur Herstellung von Chemikalien zu finden - Wege, die nicht umweltschädlich sind. Anstatt fossile Brennstoffe zu nutzen, was mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden ist, wollen wir die gleichen Stoffe aus dem herstellen, was bereits in der Umwelt vorhanden ist, wie z. B. Kohlendioxid in der Luft. Wir nutzen erneuerbare Energien, um sie direkt in chemikalische Grundstoffe umzuwandeln, die sich für die Weiterverarbeitung eignen, wie Ethanol, Ethylen oder Propanol.
Daher eröffnet meine Forschung Wege in eine Zukunft, die nachhaltiger, sauberer und umweltfreundlicher ist. Produkte für den täglichen Bedarf, wie etwa Reinigungsmittel, Medikamente oder Kleidungsstoffe könnten so hergestellt werden, dass die molekularen Bausteine dafür aus der Luft gewonnen werden.
Was meine Gruppe von anderen unterscheidet, ist, dass wir sehr auf Skalierbarkeit bedacht sind: Das bedeutet, dass wir nicht wollen, dass unsere Forschung nur im Labor funktioniert, sondern dass wir viel darüber nachdenken, wie diese Technologien in der Industrie in größerem Maßstab eingesetzt werden können. Dabei ist es sehr hilfreich, dass ich im industriellen Sektor gearbeitet habe.
Was wäre Ihr ultimativer Tipp für Studienanfänger*innen, die gerade in das Fach einsteigen und ihr Studium beginnen?
Das Besondere am Chemieingenieurwesen ist, dass wir die erlernten Fähigkeiten in fast jeder Branche anwenden können. Die Fähigkeit, Prozesse zu entwerfen und zu verstehen, kann man in allen Bereichen einsetzen, in denen Prozesse verstanden, optimiert und betrieben werden müssen. Ich würde Student*innen ermutigen, sehr breit darüber nachzudenken, was sie interessant und herausfordernd finden, und dann Wege zu finden, diesen Interessen weiter nachzugehen – oft haben sie eine viel breitere Berufswahl, als sie vielleicht denken.
Haben Sie noch Kontakt zu Leuten an der TU Dortmund?
Ja, ich habe zum Beispiel im Jahr 2021 eine Gastvorlesung gehalten. Ich bleibe in Kontakt, weil ich wirklich gute Erinnerungen an meine Zeit in Dortmund habe. Es ist eine Freude, mit der TU Dortmund im Austausch zu bleiben!
Vielen Dank für das Interview!
Um mehr über die Gruppe von Magda H. Barecka zu erfahren, besuchen Sie https://bareckalab.sites.northeastern.edu
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