"Ich war begeistert von der Praxisorientierung in meinem Studiengang"
Arthur Cagliari hat Journalismus an der „Pontifícia Universidade Católica“ in Campinas, Brasilien, studiert. Im Rahmen des Stipendienprogramms „Wissenschaft ohne Grenzen“ der brasilianischen Regierung hat er ab dem Wintersemester 2012/2013 drei Semester an der TU Dortmund im Studiengang Journalistik verbracht. Heute ist er Redakteur bei großen brasilianischen Zeitungen und erzählt in diesem Interview, welchen Einfluss sein Studium an der TU Dortmund für seinen Berufswerg hatte.
Können Sie uns einen Einblick in Ihren bisherigen beruflichen Werdegang geben?
Ich war sehr froh, dass es im Wintersemester 2012/2013 geklappt hat, dass ich für drei Semester an der TU Dortmund studieren konnte, denn die spezielle inhaltliche Ausrichtung des Journalismus-Studiengangs habe ich nur an der TU Dortmund in dieser Form gefunden. Vor meiner Zeit in Dortmund bin ich bereits ein Jahr als Sprachschüler in Deutschland gewesen. Nach diesem Jahr wusste ich, dass ich unbedingt noch einmal nach Deutschland zurückwollte.
Nach dem Abschluss meines Studiums konnte ich bei meinem Berufseinstieg in São Paulo bei Folha (Anmerkung: Größte Tageszeitung Brasiliens) vieles aus meinem Studium an der TU Dortmund anwenden. Auch meine Sprachkenntnisse habe ich schon sehr oft genutzt: Bei Folha habe ich im Wirtschaftsressort gearbeitet und musste viele eigene Ideen einbringen – da konnte ich viele Themen mit einem Bezug zu Brasilien und Deutschland abdecken. Außerdem habe ich häufig Kontakt zu deutschen Unternehmen in Brasilien: Als ich zum Beispiel den Leiter der Daimler-Gruppe interviewt habe, war es viel leichter, einen persönlichen Zugang herzustellen, weil wir uns auf Deutsch und Portugiesisch unterhalten konnten. Auch bei einem Besuch des damaligen deutschen Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung konnte ich diese Kenntnisse nutzen.
Jetzt arbeite ich bei Valhor Economico, einer Wirtschafts- und Finanztageszeitung. Häufig muss ich die Perspektive von ausländischen Ökonom*innen und Analyst*innen über die brasilianische Wirtschafts- und Währungsentwicklung aufnehmen. Diese Interviews führe ich immer auf Deutsch. Schon wenn ich eine E-Mail auf Deutsch anstatt auf Englisch schreibe, ist der Zugang zu den Expert*innen häufig einfacher, denn die Sprache ist ein Kanal, um Aufmerksamkeit und einen besseren Zugang zu den Menschen zu bekommen.
Was hat Sie während Ihres Studiums an der TU Dortmund überrascht?
Ich war begeistert von der Praxisorientierung in meinem Studiengang. Allein mein Wissen aus dem Kamera- und Drehkurs hat mir im Laufe meiner Karriere schon so oft geholfen – selbst, wenn ich für die Arbeit nur ein Video mit dem Handy aufnehme, greife ich noch auf das Wissen aus der Veranstaltung zurück. In Brasilien besucht man normalerweise nach dem Studium noch einige technische Kurse, aber durch mein Studium an der TU Dortmund hatte ich diese Kenntnisse schon, was beim Berufseinstieg ein Vorteil für mich war.
Wie würden Sie Ihren Arbeitsalltag beschreiben, wie einen „typischen Dienstag“?
Mein Arbeitstag beginnt sehr früh. Den ganzen Tag beobachte ich den Währungsmarkt und schaue, ob der brasilianische Real an Wert verliert oder gewinnt. Meine Aufgabe ist es dann, schnell mit meinen Quellen aus Expert*innen und Analyst*innen die Hintergründe herauszufinden und dies unserer Leserschaft erklären. Gleichzeitig arbeite ich an eigenen Themen und Reportagen, also längeren Texten mit mehr Daten und Hintergrundinformationen. Insgesamt arbeite ich aktuell auf jeden Fall in meinem Traumjob!
Was würden Sie Studierenden raten, die ebenfalls für einen Austausch nach Deutschland kommen möchten?
Meiner Meinung nach ist das Lernen der deutschen Sprache am wichtigsten, denn dann kann man die Vorlesungen verstehen, Kontakt mit anderen Studierenden herstellen und mehr Freundschaften schließen. Der Unterschied zwischen der Alltagssprache und dem akademischen Deutsch ist schon sehr groß – das war für mich zwar eine Herausforderung, aber auch eine tolle Möglichkeit, mich weiter zu entwickeln. Das Wichtigste am Anfang war für mich der Besuch des Hörverstehen-Deutschkurses an der Uni. Dort habe ich gelernt, dass ich mich thematisch auf jede Vorlesung vorbereiten und Texte vorher lesen muss. Dies war für mich der Schlüssel, viel mehr zu verstehen. Im Ausland zu studieren, ist nicht immer einfach. Die ganze Auslandserfahrung wird bereichert, sobald man die Sprache besser spricht und damit auch mehr Kontakt mit Deutschen hat.
Haben Sie noch Kontakt zu Personen an der TU Dortmund?
Ja, ich bin mit einigen noch in Kontakt und treffe mich auch mit Freundinnen und Freunden aus dieser Zeit in Deutschland und in Brasilien. Wir tauschen uns auch beruflich aus, zum Beispiel, wenn ich einen Text über ein Thema mit deutschem Bezug schreibe oder meine Freund*innen Fragen zu Brasilien haben. Ich lese auch noch viel über Deutschland. Zum Teil arbeiten meine früheren Kommiliton*innen nun bei Medien wie dem „Spiegel“ oder der „Zeit“, die ich gerne lese bzw. höre, um weiterhin die deutsche Sprache zu trainieren. Letztens habe ich einen Podcast bei „Zeit online“ gehört und erst nach einigen Folgen wurde mir klar, dass ein Freund aus meiner Zeit an der TU Dortmund diesen produziert.
Vielen Dank für das Interview!
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